Neve ist Geistsängerin. Sie spürt das Leid der Toten, die es nicht geschafft haben, in die nächste Welt weiterzuziehen, und hilft ihnen mit ihrem Gesang loszulassen. Eine schmerzvolle Berufung, denn sie fühlt das Leid, das die Geister daran hindert, die Welt der Lebenden zu verlassen.
Dann begegnet sie Arrion und sein Schmerz übertrifft alles, was sie bisher gespürt hat. Doch ihr Wille, dem Geist zu helfen, trifft auf erbitterten Widerstand bei der Stadtbevölkerung und der Geist selbst will sich auch nicht helfen lassen. Stattdessen wandelt er sich von einem mitleiderregenden Hauch Nebel zu dem Ritter, der er früher einmal war. Ein Frauenheld sondergleichen.
Jetzt hat sie einen geisterhaften Ritter am Hals, und der lässt sich nicht mehr vertreiben. Er begleitet sie auf ihrer Wanderschaft durch die Reiche jener Welt, wo sie ihren Dienst versehen muss. So unangenehm sie ihn auch finden will, langsam entwickelt sie doch Gefühle für ihn. Eine Liebe über die Grenzen des Todes hinweg, nur leider gibt es da ein kleines Problem …
Die Beschreibung der Landschaftsbilder, die mir noch lange Zeit danach vor Augen standen.
Das Buch ist spannend bis zum Schluss. Man bibbert und zittert mit Neve mit und weiß doch, dass es keine Lösung gibt. Meisterhaft sind auch die zarten Veränderungen in der Beziehung der beiden zueinander beschrieben.
Es gibt ein paar Sachverhalte, die zu oft wiederholt werden. Hier würde eine einmalige Erwähnung reichen. Doch das verzeiht man dem Buch gerne, weil die Geschichte so schön ist.
»Arrion«
Tanja Rast
320 Seiten
dritte Person, Vergangenheit
spannend, geheimnisvoll
Neve
die Geistsängerin
Arrion
ein Geist
Arrion ist ein Charakter zum Verlieben, sein Selbstbewusst-sein, seine Loyalität, seine Unerschrockenheit, und der neckische Ton, mit dem er Neve begegnet, muss den Leser für ihn einnehmen.
An Neves Charakter gefällt mir, dass sie so ihr hartes Los als Geistsängerin klaglos annimmt und sich den schwierigen Umständen stellt, ohne sich in Selbstmitleid zu vergraben.
12,90 Euro
»Die rabenschwarze Locken-mähne triefte. In eigenwilligen Kringeln und Strähnen fiel das lange Haar auf seinen Rücken und auch in sein Gesicht. Wassertropfen glitzerten in seinem Haar, auf seiner nackten, sonnengebräunten Haut.
Sonnenlicht ließ die Feuchtigkeit funkeln, verwan-delte den Gischtnebel in eine leuchtende weiße Wolke. Arrion sah überirdisch aus. Dazu kam, dass er wie Arrion aussah.«
Sie ist die Blutbraut des mächtigsten Magiers der Hermandad und seit vielen Jahren auf der Flucht. Niemals wird sie zulassen, dass jemand ihr Blut trinkt. Seit Nosferatu ihre Tante vor ihren Augen ausgesaugt haben, fürchtet sie nichts mehr als die Vorstellung, Reißzähne könnten sich ihrem Hals nähern. Doch dann gerät sie in die Fänge der Hermandad und wird IHM zugeführt.
Sie kämpft mit allem was sie hat gegen ihn bis sie merkt, dass es noch Schlimmeres gibt als Joaquin de Alvaro.
Fauchen. Direkt vor mir blieb er stehen. Lehnte sich vor, stützte die Hände zu beiden Seiten neben meinem Kopf an die Wand. Nah! Entsetzlich zu nah! Sein Körper drückte gegen meinen. Luft! Ich konnte mich nicht bewegen. Erbeugte sich noch näher. Fänge. Weiß, spitz und scharf. Sein Atem fuhr über meinen Hals, wurde wieder eingesogen; lange, tief. Ich drehte den Kopf weg, begriff zu spät, dass ich meine Kehle entblößte. Wieder sein Atem an meiner Haut. Heiß. Meine Lungen verkrampften sich noch stärker. Ich bekam noch immer keine Luft! Seine Wange streifte meine. War das sein Mund auf meinem Hals? Nein, nein! Bitte! Luft!
»Sie hätten dich niemals finden sollen, mi corazón«, sagte er direkt neben meinem Ohr.
Dunkelheit schlug in meinem Verstand zusammen.
Ein Buch, bei dem die Gefühle Achterbahn fahren.
Brilliant geschrieben, jedes Wort, jeder Satz ist geschliffen, mein absolutes Lieblingsbuch!
»Blutbraut«
Lynn Raven
736 Seiten
wechselnde Erzähler, teilweise in Ich-Perspektive
spannend, magisch, geheimnisvoll
Lucinda
die Blutbraut
Joaquín de Alvaro
ein mächtiger Magier
Joaquín de Alvaro, in den bin ich ganz verliebt. Seine magischen Fähigkeiten und die Gewissenhaftigkeit mit der er die Verantwortung dafür übernimmt, nehmen mich stark für ihn ein.
7,99 Euro
Auf der einen Seite die schillernde Welt der Magie und der Preis, den sie fordert. Auf der anderen Seite die schwer traumatisierte Protagonistin, die sich aus einem Gespinst von Lüge und Halbwahrheiten ins Licht des Erkennens kämpfen muss.
Lijanas ist Heilerin mit Leib und Seele, aber dann wird sie von Kjer gefangen genommen und verschleppt. Sie soll den Herrscher der Kjer heilen. Dazu wäre sie ja durchaus bereit, aber warum wird sie gezwungen? Mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mittel versucht sie zu entkommen, nur um festzustellen, dass es da draußen in der Welt Gefahren gibt, denen sie besser nicht allein gegenübersteht. Und als sie dann auch noch anfängt, ihren Entführer zu mögen …
Als sich die Hand des Grauhaarigen unter ihr Kinn schob, zuckte sie zusammen. Aus der Nähe wirkten seine Augen noch stärker wie die eines Raubvogels – gelbbraun, kühl und tödlich. Einen Moment betrachtete er ihr Gesicht. »Sie ist schön.«
Lijanas stieß seine Hand weg. »Sie ist anwesend! «
Vom Tisch erscholl ein leises Lachen. »Sie hat Krallen. «
Der Schwarzhaarige überließ Levan seinen Platz an der Tür und kam ebenfalls auf Lijanas zu. Bereitwillig machte ihm der Mann mit den Raubvogelaugen Platz. Seine behandschuhten Finger gingen zu ihrem Gesicht, wobei er ihr unwilliges Zurückweichen gar nicht beachtete. Die Ärmel seines Wamses waren mit Lederriemen eng um seine Unterarme geschnürt und verdeckten noch die Handgelenke. Versonnen strich er mit dem Daumen über ihre Wange, »Augen, blitzend grün wie Emeralde -«, seine Finger glitten durch den Rossschweif, zu dem sie das Haar stets zusammengebunden trug, »- und Haar wie gesponnenes Mitternachtsfeuer. Sie ist tatsächlich schön.« Er sah Lijanas direkt an. »Seid Ihr noch unberührt?«
Klatsch!
Seine Lippen verzogen sich zu etwas, das man nur mit viel gutem Willen als zynisches Lächeln bezeichnen konnte, während er die Hand auf die Wange legte, auf der sich ihre Finger flammend abzuzeichnen begannen. Übertrieben vorsichtig bewegte er den Kiefer, als wolle er prüfen, ob alles noch heil war.
Heuchler!
»Ich werte das als ein ›Ja‹. «
»Wertet es als ein ›Das-geht-Euch-überhaupt-nichts-an!‹, unverschämter Mistkerl! – Und wagt es nicht noch einmal, mich anzufassen!« Lijanas machte einen Schritt zur Seite, um sich aus seiner Reichweite zu bringen, und ballte die Fäuste.
Ich habe leider eine alte Version des Buches, in der es einige Schreibfehler gibt, die sehr störend sind. Abgesehen davon liest sich das Buch sehr schön. Die kursiv gedruckten eingestreuten Gedanken Lijanas wirken erfrischend. Weniger gefallen haben mir dagegen die seltsamen Stimmen, die auf einer Metaebene die Ereignisse beurteilen. Beim ersten Mal Lesen hatte ich einfach zu wenig Hintergrundinformation, um sie verstehen zu können.
»Kuss des Kjer«
Lynn Raven
608 Seiten
dritte Person, Vergangenheit
romantisch, stellenweise brutal
Lijanas
eine Heilerin der Nivard
Mordan
der erste Heerführer des Königs der Kjer
Lijanas, weil sie mit Seele und Herz Heilerin ist.
Mordon, weil er so edel ist.
9,99 Euro
Ein Buch voller Spannung, fremdartiger Landschaften und geheimnisvoller Völker. Über allem die Beziehung zwischen Mordan und Lijanas, zart, unbeschreiblich und unwahrscheinlich ergreifend. Vermutlich wirkt das Verhältnis der beiden zueinander gerade deshalb so überirdisch, weil in dem Buch ansonsten sehr viel Gewalt vorkommt. Unbestreitbar ist die Geschichte von Lijanas und Mordan eine der schönsten Liebesgeschichten, die ich kenne.
Atemlose Spannung und gegen Ende ängstliches Bibbern, denn die Geheimnisse, die das Geschehen steuern, sind weder Lijanas noch Mordan bekannt und so rätselt auch der Leser, bekommt aber nur häppchenweise Antworten auf seine Fragen. So bleibt die Spannung stets erhalten.